Übernachten im Bauwagen, mitten im Nirgendwo

2. Juni 2023
Ein Artikel von: Karolin Janus

MÜHLENHOF TINNEBERG – BISMARK OT MEßDORF

Nachdem wir auf den Mühlenhof angekommen sind, laufen wir durch einen mit alten Steinen gepflasterten Hofeingang. Links und rechts entdecken wir wunderschön dekorierte Wagenräder, Tröge und Körbe. Ein kleiner, aufgeweckter Hund (später erfahren wir, er hört auf den Namen Otto) stürmt uns freudig entgegen und dann gibt es kein Halten mehr: Wir vier vom Geheimtipp-Team, allesamt Städter, (weil sich natürlich keiner den Ausflug in die Altmark entgehen lassen wollte), knien uns hin, rascheln mit den Fingern und wissen gar nicht, welches Hoftier wir als nächstes heranlocken sollen. Herrlich! Wir müssen uns sichtlich zusammenreißen, um uns auf unser Interview zu konzentrieren. Doch warum eigentlich? Schließlich geht es beim Geheimtipp Sachsen-Anhalt ja gerade ums Entdecken und um echte Begeisterung.

Wir werden herzlich begrüßt von Alexandra Tinneberg, Hofbetreiberin, Landfrau und Bauwagengästebetreuerin. Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie vor 28 Jahren einen alten Vier-Seiten-Hof hier in Meßdorf, mitten im Nirgendwo, gekauft und somit bewusst eine Lebensaufgabe übernommen. Sie haben sich Stück für Stück an die verschiedenen Gebäude des Hofes herangetraut und diese saniert. Eingezogen sind sie vor 18 Jahren, in den ehemaligen Rinderstall, und haben von da aus nun einen wunderbaren Blick auf den Hof, die Tiere, die Wiese, die alten und neuen Obstbäume und auf ein kleines Stück vom Bauwagen. Dieser lugt kaum sichtbar hervor, denn er steht weiter hinten – idyllisch umgeben vom Grün.

„Wir haben gern Besuch auf dem Hof.“

KONTAKT
Mühlenhof Tinneberg
Alexandra Tinneberg
Schulstraße 5
39629 Bismark OT Meßdorf (Saale)

Tel: +49 039083 328

muehlenhof-tinneberg.de
muelenhof-tinneberg@web.de

BUCHUNG/ANFRAGE
Übernachten im Bauwagen: von Mai bis September
auf Anfrage gern auch davor und danach

Anfragen über das Kontaktformular


BESONDERHEITEN

Hier sind auch Wanderreiter
und Pferdewagen willkommen.

Die Vermietung des Bauwagens ist ein Nebenerwerb, erzählt uns Alexandra auf dem Weg dorthin. Ihr Mann ist Landwirt, sie selbst arbeitet als Gärtnerin. Außerdem ist sie Bauernpatin und lädt Schülerinnen und Schüler hierher ein, damit die Kinder die Kreisläufe und Arbeitsweisen in der Landwirtschaft kennenlernen können. Alexandra hält zusammen mit ihrem Mann den Hof in Schuss, kümmert sich um die drei gemeinsamen Kinder und heißt Gäste und Durchreisende willkommen.

Auf dem Weg durch den Garten halten wir immer wieder an. Stetig kommen Tiere auf uns zugelaufen. Es gleicht einer Choreografie und wir glauben ja fast, dass Alexandra alle Tiere des Hofes nach einer bestimmten Reihenfolge und auf bestimmte Signaltöne hintrainiert hat. Und nach dem Auftritt von Otto, schwänzeln Katzen in den verschiedensten Farben um unsere Beine. Links und rechts picken Hühner die Körner vom Weg und kurz vor dem Bauwagen watscheln plötzlich zwei Laufenten in unsere Richtung. Der Auftritt der Tiere. Es ist fantastisch. Und das waren längst nicht alle.

„Die Leute, die hierher kommen, können Ruhe finden. Ruhe und
das einfache Leben inmitten von Tieren und Naturgeräuschen.
Wer im Bauwagen schläft, hört auf jeden Fall eines: Stille.“

Umgeben von Blumen und blühenden Sträuchern stehen wir auf der Holzterrasse vor dem Bauwagen und blicken über den Hof und die grünen Wiesen. Es ist still. Und wenn wir nicht gerade reden, hören wir den Pfau vom Nachbargrundstück, der seinen Ruf ertönen lässt. Die Terrasse lädt zum Lesen und einfach nur Dasitzen ein. Gleich rechts vom Bauwagen befinden sich die Sommerküche und die Waschräume, umgeben von alten Ziegelwänden und zugänglich durch gut erhaltene Stalltüren. Für die Gäste des Bauwagens ist grundsätzlich Selbstversorgung angedacht, doch wenn es sich ergibt, springt Alexandra auch mal mit einem Frühstück oder einem Kuchen ein. Und frische Eier gibt es sowieso.

Gastfreundschaft gehörte auf dem Hof schon immer zum Leben dazu. Viele Jahre waren Alexandra und ihr Mann mit dem Hof Tinneberg als festem Übernachtungsplatz auf den Routen der Pferdewagen und Pferdewohnwagen eingetragen. „In den Jahren vor dem Bauwagen haben wir unsere Gäste immer im Haupthaus empfangen“, erzählt uns Alexandra. „Sie konnten dort duschen und mit uns gemeinsam essen. Doch irgendwann standen dann mal acht Leute im Flur und warteten vor dem Badezimmer, in dem sich auch unsere Kinder fertigmachen mussten. Und da wussten wir, dass wir nach einer anderen Lösung suchen müssen.“

„Vom Bauwagen aus können unsere Gäste die nähere Umgebung
der Altmark erkunden, reiten, Rad fahren oder eben einfach das
IN THE MIDDLE OF NÜSCHT wahrnehmen und genießen.“

Alexandra und ihr Mann haben einen alten Unterbau, der früher in der Landwirtschaft genutzt wurde, aufbereitet und sich für den Ausbau des Bauwagens Hilfe im Ökodorf Sieben Linden geholt. An den Wagen haben sie aus Holz noch eine Terrasse mit Treppe gebaut und die Inneneinrichtung bewusst minimalistisch gehalten. Denn es geht hier darum innezuhalten. Ohne Ablenkung und ohne überflüssigen, alltäglichen Firlefanz inmitten der Natur Ruhe, sich selbst oder einfach nur Vogelgezwitscher zu finden. Ausgelegt ist der Bauwagen für zwei Personen. Es könnte aber auch noch ein Zelt auf die Wiese gestellt oder ein Klappbett im Inneren aufgebaut werden, sagt Alexandra.

Der Bauwagen wurde 2020 genau mit dem Beginn der Corona-Pandemie fertig. „In dieser Zeit konnten wir hier Gäste mit Pferdewagen empfangen, weil das kontaktlos möglich war, aber alle anderen Gäste mussten noch warten, da sich unsere Sommerküche und die Nasszellen geteilt werden müssen.“ Nun können die Hofgäste von Mai bis September im Bauwagen schlafen. Grundsätzlich ist auch eine Übernachtung in den kälteren Monaten möglich, dann müsste allerdings eine kleine Heizung bereitgestellt werden, und der Gang zur Küche oder zur Toilette wird kurz frisch. Aber wen das nicht stört, der findet hier auch in der Nachsaison einen gemütlichen Ort zum Entspannen.

Wer vom Mühlenhof Tinneberg aus die ein oder andere Tour starten möchte, kann Alexandra fragen, wohin sich der Weg auf jeden Fall lohnt. Und wer zu Pferd kommt, der kann hier nicht nur wunderbar ausreiten, sondern sich auch sicher sein, dass der treue Begleiter gut versorgt wird.

KAROLIN

Wann immer ich überlege, wohin ich mit einem guten Buch und einer guten Freundin fahren könnte, um einfach nur zu sein, denke ich an den Besuch auf dem Hof zurück und weiß, hier komme ich mal für länger her. Ihr habt hier etwas ganz Wunderbares geschaffen, liebe Alexandra!

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