HEREINSPAZIERT IN DIE BÜCHERSTUBE!

27. Mai 2021

Ein Artikel von: MARIA ANNA SCHWARZBERG

MAGDEBURGER ANTIQUARIAT

Große Sprossenfenster, die viel Licht auf bunte, alte Perserteppiche fallen lassen, schwere Holzregale, die bis unter die Decke reichen und keinen Zentimeter lassen, der nicht mit Büchern gefüllt ist – den Unterschied zu meinem Traum von einem heimeligen Wohnzimmer macht nur Annerose Busse, die das Magdeburger Antiquariat, das in diesem Jahr sechzigjähriges Jubiläum hat, führt. Sie selbst, so sagt sie mir, muss auch jeden Morgen lächeln, wenn sie ihren Laden aufschließt.

„Bücher liest man mit der Phase des Lebens, in der man gerade ist. Die Gefühle und Erkenntnisse, die präsent sind, das, was wir erlebt haben, lässt uns mit jedem Mal andere Gedanken aus einem Buch herauslesen.”

„Ein Antiquariat darf nicht elitär sein. Es muss Bücher für alle geben.“

Sie atmet dann erst einmal tief ein. Mit dem unverkennbaren Geruch von altem Papier in der Nase begrüßt sie ihre Bücher und Graphiken und versinkt in ihrer Bücherwelt. Nicht selten erschrickt sie beim Blick auf die Uhr, die den Nachmittag und Frau Busse damit anzeigt, dass sie vor lauter Begeisterung für ihre Arbeit ihr Mittagessen vergessen hat. In ihrem zweiten Wohnzimmer, wie sie das Antiquariat auch nennt, hat sie eine Insel der Ruhe, und genau das möchte sie mit ihrer Buchhandlung auch für andere sein.

Wo aus Ehrfurcht Euphorie wird

Die Ehrfurcht vor alten Büchern und Menschen, die das Wissen um sie haben, kann groß sein. Frau Busse sieht es immer wieder, dass PassantInnen einmal, zweimal, dreimal vorbeigehen, stehen bleiben und schauen. Sie schauen, wieder und wieder, dann weicht ihre Scheu der Neugierde für ein bestimmtes Buch oder die besonderen Räumlichkeiten in der Liebigstraße 6 in Magdeburg. „Die Menschen befürchten wohl, dass ich sie die Literaturgeschichte abfrage, dabei lasse ich sie sich gern selbst umsehen. Gleich vorn an der Ladentür habe ich eine Auslage mit Taschenbüchern. Da hat man etwas zum Festhalten und kann danach weiter durch die Regalreihen schauen.“

Frau Busse hat ein gutes Gespür für Menschen, das merkt man schnell. Deshalb hat sie ihr Antiquariat nach ihnen ausgerichtet: In den beiden großen Schaufenstern, durch die man von der Straßenseite hereinblickt, finden sich im rechten zweiwöchentlich wechselnde Auslagen, wie Kinderbücher, Weihnachtsmärchen, Westerngeschichten und vieles mehr, und im linken Graphiken. „Ein Antiquariat darf nicht elitär sein. Es muss Bücher für alle geben“, sagt Frau Busse.

Gerade die Graphiken zogen mit ihrer Inhaberschaft ab 2005 ein, als Annerose Busse überlegte, wie sie lokale KünstlerInnen fördern und ein Antiquariat auch jüngeren Menschen zugänglich machen kann. Natürlich zählen neben dem An- und Verkauf von Büchern und Graphiken auch das Aufstöbern gewünschter Bücher und die Begutachtung von besonderen Einzelstücken und Privatbibliotheken zu ihren Aufgaben.

ÖFFNUNGSZEITEN

Di – Fr: 10 – 18 Uhr
Sa: 10 – 13 Uhr


KONTAKT

Magdeburger Antiquariat
Liebigstraße 6
39104 Magdeburg

kontakt@magdeburger-antiquariat.de

www.magdeburger-antiquariat.de

Telefon: 0391 54 32 902
Fax: 0391 56 390 557

Kartenzahlung möglich!

Mehr als das Wissen über andere, vermittelt das Buch uns Weisheit über uns selbst.

Angefangen hatte alles mit einem verwehrten Lehramtsstudium, das sie dann in den Buchhandel führte. Seit 1983 schon arbeitet Annerose Busse für das Magdeburger Antiquariat, beendete 1985 ihre Ausbildung zur Antiquarin dort und blieb. Als sich mit der Wende der Volksbuchhandel auflöste und die Buchhandlungen privatisiert wurden, entschied sie, dem Eigentümer mit ihrem Weggang finanziell Raum zu schaffen. Sie arbeitete dann in der Erich-Weinert-Buchhandlung. Mit Wohlgefühl und Wehmut betrat sie in diesen Jahren das Magdeburger Antiquariat. Als 2005 der Eigentümer in den Ruhestand ging und Annerose Busse die Buchhandlung übertragen wollte, ließ sie das Antiquariat wieder in ihr Herz.

Ein Buch, das sie über all diese Jahre begleitet hat, ist Der Steppenwolf. Oft, wenn sie es nach längerer Zeit wieder zur Hand nahm, fragte sie sich, ob sie es beim vorigen Mal überhaupt richtig gelesen hatte. „Bücher liest man mit der Phase des Lebens, in der man gerade ist. Die Gefühle und Erkenntnisse, die präsent sind, das, was wir erlebt haben, lässt uns mit jedem Mal andere Gedanken aus einem Buch herauslesen“, sagt Annerose Busse. Und auch, dass sie Bücher, zu denen sie keinen Zugang findet, nicht mehr zu Ende liest. „Das ist Verschwendung von Lebenszeit!“

Fotograf: Michael Palatini

MARIA ANNA

Ein Besuch im Antiquariat Magdeburg ist es nicht. Meine hier verbrachte Zeit lässt mich entschleunigt und euphorisiert zurück.”

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