Die beiden uns zugeteilten KellnerInnen sind freundlich, nicht aufdringlich und beweisen selbst gegenüber der Schlagfertigkeit meiner Mutter Humor. Das gefällt mir. Wir haben wenig Lust selbst zu entscheiden und wählen das Menü für 35 Euro pro Person. Inkludiert sind Vorspeise, Hauptgang und Dessert. Hier als Aperitif einen Aperol zu bestellen, erscheint uns dem Ort nicht würdig. „Was empfehlen Sie?“ Wird unsere Standardfrage des Abends, mit der wir alles richtig machen werden. Zwei Lillet mit Beeren stehen kurze Zeit später vor uns, dazu Wasser. Nicht zu süß, aber süßlich. Als Vorspeise wird uns ein asiatisch angehauchtes Hühnchenbällchen auf Gurkensalat mit Wasabi-Frischkäse gereicht. Würzig, intensiv und sommerlich schmeckt es.
Beim Hauptgang wechseln wir schon zur passenden Wortwahl: „Einfach nur geil.“ Lamm mit Kidney-Bohnen, Pfifferlingen und Kartoffelbällchen werden mit einem fruchtig-schweren Tempranillo gereicht und machen mich sehr glücklich. Tempranillo haben schon meine Großeltern gern getrunken und mir (als Volljährige!) schmackhaft gemacht. Die Stimme meiner Mutter wird lauter vor Begeisterung. Das Lamm ist auf den Punkt, die Pfifferlinge sind die ersten des Jahres. Fleischig und saftig harmonieren sie mit den krossen Kartoffelbällchen.
Beim Dessert erwartet uns eine geeiste Rhabarbersuppe mit Schokoladenparfait und Holunder. Sie ist ein sehr guter Abschluss. Mild und fruchtig, baut sich die Intensität der Würze in diesem Menü langsam ab und lässt uns gut gesättigt, aber nicht überfüllt einen „Absacker“ ordern, wie meine Mutter sagen würde. Nicht auf der Karte, aber zu diesem Abend passend, reicht uns der Barkeeper Gin mit Limettensaft, Ingwersirup und Rosmarin. Er freut sich, dass er zu später und weniger ausgebuchter Stunde dazu kommt, selbst hinter der Bar zustehen.
Es stimmt, die Tische um uns herum haben sich mit der nahenden Dunkelheit geleert. Mit Sommergänsehaut zahlen auch wir. Einhundert Euro für zwei Personen, drei Gänge, Wasser, Aperitif, Wein und „Absacker“ – fair für dieses kulinarische Erlebnis. Als wir das heimart verlassen, sagt meine Mutter: „Hier muss ich nächstes Mal mit meiner Freundin hin!“ und ich muss schmunzeln. Die Altmärker, ein stures, aber loyales Volk.
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