In der Tür kommt mir Edda, die kleine Hündin von Betsy, entgegen und begrüßt mich freudig.
Betsy selbst ist gerade noch dabei, zwei Kundinnen zu beraten. Ich schaue mich um und stelle fest, dass man sofort in einer anderen Welt ist. Irgendwie hat man das Gefühl, man stöbert durch Betsys Wohnzimmer. Der Lärm der Straße, die Menschen und das Gewusel draußen sind ausgeblendet. Vielleicht sind es die Farben des Raumes, das Holz, die leise Musik. Vielleicht ist es aber auch der große grüne Sessel und der Duft nach Kaffee, und natürlich die kleine Edda, die mir um die Beine streift, während ich mir die neusten Kollektionen von Armedangels, Jan’n June und Ecoalf ansehe.
Betsy ist gerade 27, als sie das erste Mal die Türen ihres eigenen Ladens aufschließt. “Ich wollte immer etwas mit Mode machen”, sagt sie und erzählt, wie sie mit ihren beiden Schwestern auf dem Land bei Celle zwischen Pferden und Hühnern aufgewachsen ist – immer mitten in der Natur. “Nicht mal einen Kaufmannsladen gab es bei uns im Ort.”
“Also träumt sie von der Modewelt, von großen Marken und kreativen Ideen. Nach der Schule macht sie eine Ausbildung zur Mode- und Designassistentin in Hannover. “In der Ausbildung haben wir genäht, haben alles über Gewebe und Stoffe gelernt, Designs entworfen und Herstellungstechnologien kennengelernt.” Zum Praktikum, das sie während der Ausbildung absolvieren musste, geht sie nach Hamburg zu einer renommierten, bekannten Modemarke. Und sie kommt schnell zu der Erkenntnis: “Wenn das die Modewelt ist, dann finde ich das doof. So möchte ich das nicht.” Hier zeigt sich, dass die Modewelt eine Welt ohne Werte sein kann – umsatzgetrieben, hierarchisch, rücksichtslos.
Enttäuscht und doch mit dem Traum, irgendwann einmal ein eigenes Label zu gründen, entscheidet sie sich für ein Wirtschaftsstudium – in Magdeburg, nicht zu weit weg von zu Hause. Während des Studiums setzt sie sich immer mehr mit der fairen und nachhaltigen Modeindustrie auseinander und schreibt letztendlich ihre Masterarbeit darüber. Nach Praktika bei fairen Modelabels stand sie dann vor der Entscheidung – hier bleiben oder weggehen.
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