ANGEWANDTER NATURSCHUTZ – ODER: WIE GEHT GÄRTNERN FÜR ALLE?

17. Februar 2022
Ein Artikel von: Monika Kaiser

PAULA PASSIN – GNIEST

„Hilf mir, es selbst zu tun.“ Dieser Kernsatz der Pädagogin Maria Montessori ist auch das Leitmotiv der leidenschaftlichen Gärtnerin Paula Passin, die seit nunmehr 20 Jahren in der Dübener Heide im Landkreis Wittenberg lebt und in Gniest – zusammen mit ihrem Mann und Sohn – einen Selbstversorgergarten nach ökologischen Prinzipien betreibt.

Als sie damals mit ihrer noch jungen Familie bewusst aus der Großstadt auf das Land zog, hatte sie klar vor Augen, was sie sich wünscht: ein Leben in Verbindung mit der Natur. Dabei spielt der Garten, in dem die eigenen Lebensmittel angebaut werden sollen, eine tragende Rolle für die gemeinsame wirtschaftliche Existenz.

Paula übernimmt die Gartenbewirtschaftung, macht als studierte Ingenieurin noch einmal eine Ausbildung zur Gärtnerin und lernt ständig dazu, denn in der Natur lernt man nie aus. Über Jahre sammelt sie Kenntnisse und Erfahrungen im Umgang mit der Pflanzenwelt, die in unserer technisierten Gesellschaft leider immer mehr verloren gehen.

„Zurück zur Natur“ ist ein Slogan, der heute mehr denn je im Munde geführt wird. Aber wie soll das gehen für die Menschen in ihren derzeitigen Lebens- und Arbeitswelten? Paula spricht demgegenüber von einem fehlenden Bezug zur Natur, der viele von uns prägt. Sie ist überzeugt davon, dass man das am ehesten für schützenswert hält, wozu man durch eigenes Tätigsein eine Beziehung aufgebaut hat. Insofern ist ihr die Umweltbildung ein politisches Anliegen, und dort genau setzt sie als Gärtnerin an, und zwar so, wie es ihre Art ist: handfest.

KONTAKT

mischkultur e.V.
Claudia Paula Passin
Heidestraße 29
06901 Kemberg OT Gniest

Tel.: 034921. 60 325
info@misch-kultur.de
Web

Seit 2014 bietet sie Workshops an, in denen sie fundiertes und praktikables Wissen zum naturnahen Gärtnern, z.B. zu Mischkultur, Kompostherstellung, Bodenaufbau und zum Mulchen, aber auch zur Nutzung und Verarbeitung von Heil- und Wildkräutern vermittelt. Sie weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es sein kann, anzufangen und den eigenen Garten zu bewirtschaften, und möchte das nötige Handwerkszeug vermitteln, damit sich noch mehr Menschen trauen loszulegen. Es reicht eben nicht aus, sich Pflanzen im Gartenmarkt oder beim Discounter um die Ecke zu kaufen. Man sollte auch wissen, wo sie am besten wachsen und wie sie behandelt werden möchten, um zu gedeihen. Leider wird häufig zu schnell wieder enttäuscht aufgegeben, wenn es nicht klappt. Dem möchte Paula mit ihrer Gartenbildungsarbeit entgegenwirken.

Auf dem großen, naturnah gestalteten Gartengelände befindet sich ein Seminarhaus, in dem ihre Kurse stattfinden. Neben der Gartenpraxis gibt sie ihren Teilnehmer*innen immer ein ausführliches Skript an die Hand, damit sie zu Hause gleich aktiv werden können. Paula ist überzeugt, dass sich das Wissen erst in der Anwendung beim eigenen Tun setzt und vertieft. Dies ist ihre eigene lebenslange Erfahrung im Umgang mit der Natur. Es ist die Beziehung zwischen Mensch und Pflanze, in der Achtsamkeit geschult und Freude erlebt wird, die einen wertvollen Beitrag zum gelebten Naturschutz leisten kann. Dabei setzt Paula bewusst auf die Bildung von Erwachsenen, die sie dazu anstiften möchte, ihr Wissen zum naturnahen Gärtnern an die Kinder weiterzugeben, damit es langfristig wirkt und die Saat aufgehen kann.

In diesem Jahr kann Paula endlich ihre „Gartenschule für Erwachsene“ mit den geplanten 12 Tagesworkshops an sechs Wochenenden umsetzten, in der es um die Basics des ökologischen Gartenbaus geht. Von April bis September widmet sich die Schule den Themen Bodenaufbau, Düngung, Anzucht und Vermehrung von Pflanzen und Küchenkräutern, der Anlage eines Biogemüsegartens, eines Obstgartens aber auch von Hochbeeten sowie der Verarbeitung der Ernte im Herbst. Last but not least zeigt sie auch, wie man Pflanzen aus selbstgewonnenem Saatgut anzüchten kann, um damit die Artenvielfalt zu bewahren. Dass der Garten ein geschätztes Kulturgut und von vielen wieder neu entdecktes Refugium darstellt, erfuhren immer mehr Menschen gerade in der langwährenden Pandemiephase. Ab dem 09.04.22 startet nun die diesjährige Gartenschule, die man nicht komplett machen muss, denn es ist auch möglich einzelne Module nach Bedarf zu buchen. Des Weiteren wird es in diesem Jahr wieder den beliebten Kurs „Mähen mit der Sense für den Hausgebrauch“ mit Sensenlehrer Gerald Ulrich geben, der die verlorengegangenen Techniken des Sensenschärfens – sehr meditativ – und Führens einer traditionellen Sense unterrichtet. Wer Spinnen lernen möchte, dem sei der Kurs „Spinnen mit Handspindel und Spinnrad“ von Claudia Felber empfohlen.

Auf der Webseite des von Paula 2013 initiierten Vereins mischKultur e.V. kann man sich über das vielseitige Angebot informieren, das Paula über die Jahre entwickelt hat. Um Pflanzenbegeisterte zusammen zu bringen, organisiert mischKultur e.V. jedes Jahr im Frühjahr und im Herbst eine Tauschbörse, bei der man seine eigenen Pflanzen mitbringen und weitergeben kann und sich von den grünen Mitbringseln der anderen überraschen lässt. Der Verkauf von Pflanzen ist dabei unerwünscht, denn es geht in erster Linie darum, sich gegenseitig kennenzulernen und auszutauschen. Also nichts wie hin, der nächste Termin zum Pflanzentausch ist der 23.04. in Gniest und wer es da noch nicht schafft, der hat im September eine zweite Chance.

Fotos: Paula Passin, Prostooleh – Freepik.com

MONIKA

„Ich habe auf der letzten Pflanzentauschbörse im Herbst 2021 in Gniest eine wunderschöne riesige Agapanthuspflanze, die auch als Liebesblume bezeichnet wird, geschenkt bekommen. Schon lange hatte ich mir eine solche Blütenpracht für meine Sonnenterrasse gewünscht. Ich bin gespannt, ob sie im Laufe des Sommers auch bei mir ihre wunderschönen blauen Blütendolden zeigt.“

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